Expert Talks: Nachhaltigkeitsmanagement mit Erfolg
Die Interviewserie rund um Nachhaltigkeit, Management, Digitalisierung und Innovation
In dieser Talkreihe geben Expert*innen spannende Insights in erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement.
Vera Pichler im Interview
"Ich glaube, dass Nachhaltigkeit und Digitalisierung zwei Themenfelder sind, die zukünftig immer stärker gemeinsam gedacht und umgesetzt werden müssen.“
Vera Pichler ist Gründerin von ellivo e.U und Organisationsberaterin für nachhaltige Entwicklung. Im Interview spricht sie über das Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und Digitalisierung, die Vielfältigkeit von Green Jobs und warum sich Unternehmen, die nachhaltige Entwicklung ernst nehmen, mit den Auswirkungen ihres Kerngeschäfts befassen sollten.
Als Beraterin und Gründerin von ellivo e.U. unterstützen Sie Unternehmen dabei, das Thema Nachhaltigkeit strategisch zu verankern. Welche Rolle spielt die Digitalisierung in einem Gesamtkonzept für mehr Nachhaltigkeit?
Ich glaube, dass Nachhaltigkeit und Digitalisierung zwei Themenfelder sind, die zukünftig immer stärker gemeinsam gedacht und umgesetzt werden müssen. Ein aktuelles Beispiel ist die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung für bestimmte Unternehmen, gemäß der Corporate Sustainbility Reporting Directive (CSRD). Im Rahmen dieser Berichterstattung ist eine Vielzahl an Informationen, Daten und Kennzahlen zu erheben. Dabei braucht es digitalisierte Lösungen. Zudem sollen die erhobenen Informationen auch dafür genützt werden können, nachhaltige Entwicklung aktiv im Unternehmen zu steuern und voranzutreiben. Auch hier ist Digitalisierung von großer Bedeutung. Zukünftige (regulatorische) Entwicklungen, wie etwa ein stärkerer Fokus und mehr Transparenz in der Lieferkette, sind aus meiner Sicht ebenfalls Treiber für Digitalisierung.
Welche Qualifikationen müssen Berufseinsteiger*innen mitbringen, um in „Green Jobs“ tätig zu sein? Welche Karrieremöglichkeiten ergeben sich daraus?
Green Jobs finden sich in vielen Bereichen wieder. Nachhaltige Entwicklungen brauchen z.B. technische bzw. technologische Lösungen um Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft zu fördern. Genauso braucht es aber auch Expert*innen im Bereich Kommunikation um Transparenz, Bewusstsein und Wissen zu fördern. Und das sind nur zwei Beispiele. Die Bandbreite ist aus meiner Sicht sehr groß.
Ich denke, dass jede/r in seinem oder ihrem Bereich etwas finden kann, um einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung zu leisten. Es gibt daher vielfältige Chancen und Karrieremöglichkeiten. Denn auch Unternehmen wird immer mehr bewusst, dass nachhaltige Entwicklung nur gelingen kann, wenn sie in allen Unternehmensbereichen integriert wird.
Auf Ihrer Website schreiben Sie „Nachhaltigkeit bedeutet Widerstandsfähigkeit“. Welche Chancen sehen Sie für Unternehmen in diesem Zusammenhang?
Eine kürzlich in der Fachzeitschrift Nature veröffentliche Studie zeigt, dass selbst wenn wir die Treibhausgas-Emissionen ab heute drastisch reduzieren, die Weltwirtschaft aufgrund des Klimawandels bis 2050 bereits mit einem Einkommensverlust von 19 % rechnen muss. Das sind sehr klare Aussagen, die zeigen, dass Nachhaltigkeit auch finanzielle Relevanz für Unternehmen hat.
Unternehmen, die nachhaltige Entwicklung ernst nehmen, sollten sich deshalb mit den Auswirkungen ihres Kerngeschäfts befassen. Es geht darum zu verstehen, welche Impacts im Hinblick auf Umwelt und Gesellschaft durch die Unternehmensaktivitäten entstehen. Gleichzeitig sind die finanziellen Chancen und Risiken für das Unternehmen zu analysieren. Organisationen, die sich aktiv damit beschäftigen und echte Veränderungsschritte setzen, sind dadurch besser gegenüber Risiken abgesichert. Zudem können sie Chancen wie neue Innovationen im Hinblick auf Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen nutzen.
Als Beraterin begleiten Sie auch langfristige Nachhaltigkeits-Strategien von unterschiedlichen Institutionen. Was sind die wichtigsten Bausteine für Unternehmen in der Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft?
Ich denke, dass es - z.B. abhängig von der Branche - unterschiedliche Zugänge für eine Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft geben kann. Oft ist jedoch zu beobachten, dass Kreislaufwirtschaft nur mit Recycling in Verbindung gebracht wird. Das ist aus meiner Sicht zu kurz gedacht und setzt viel zu spät an.
Es gibt unterschiedliche Strategien, auch als Rs bekannt, die genutzt werden können. Die erste dieser Strategien lautet „refuse“. Dahinter steckt die Frage, ob es bestimmte Produkte/ Dienstleistungen überhaupt braucht. Vielleicht gibt es gewisse Funktionen oder Merkmale, die gar nicht erforderlich sind und auf die verzichtet werden kann. Dadurch kann Materialverbrauch von Anfang an vermieden werden.
Danach folgen die Ansätze „rethink“ und „reduce“. Hier wird, denke ich, ersichtlich, dass es sehr stark darum geht, Bestehendes zu hinterfragen und neue Wege und Lösungen zu finden. Ein Anspruch sollte jedenfalls sein, unseren Ressourceneinsatz zu reduzieren. Ein großer Hebel dafür liegt oft im Design von Produkten.