Unternehmen setzen auf Mixed Reality
Hochschulen und Industrieunternehmen entwickelten gemeinsam neue Anwendungen
Augmented und Virtual Reality (AR/VR), zusammengefasst unter Mixed Reality (MR), bieten neue Möglichkeiten der Datenvisualisierung, Interaktion, Kommunikation und Ausbildung für Wirtschaft und Industrie.
25 Unternehmen, vorwiegend aus der Industrie, sowie andere Organisationen und mehrere Hochschulen entwickelten in den letzten zweieinhalb Jahren im gemeinsamen Projekt „Mixed Reality Based Collaboration 4 Industry“ unter der Leitung des ecoplus Mechatronik-Clusters in Niederösterreich konkrete Anwendungen.
Produktion zunehmend digital überwacht und gesteuert
In Zeiten von Industrie 4.0 werden Produktionsprozesse zunehmend digital überwacht und gesteuert. Häufig wird dafür Mixed-Reality-Technik eingesetzt.
Im ecoplus-Kooperationsprojekt brachten unterschiedliche Industrieunternehmen konkrete Anwendungsfälle für den Einsatz von MR ein und entwickelten diese gemeinsam mit der Fachhochschule St. Pölten sowie anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen weiter.
Die Mixed-Reality-Anwendungsfälle stammten aus vier Themenbereichen: der Unterstützung der Produktion direkt an der Maschine, dem Remote Support für räumlich verteiltes Anlagen-Service rund um die Welt, Schulung und Training etwa in der modernen Lehrlingsausbildung sowie der Präsentation von Produkten in virtuellen Schauräumen.
„Das Projekt hat gezeigt, dass der konkrete Mehrwert für die Unternehmen beim Remote Support sowie bei Training und Schulung am größten ist“, sagt Projektleiter Thomas Moser, Leiter der Forschungsgruppe Digital Technologies an der FH St. Pölten.
Virtuelle Produktionsanlage der Umdasch Group | Copyright: FH St. Pölten / Alexander Schlager
Rettungsgroßeinsatz virtuell trainieren
Auch das Rote Kreuz Niederösterreich nutzte im Projekt Virtual Reality – und zwar um Einsatzszenarien bei Großunfällen zu simulieren. Virtual und Augmented Reality bieten hier neue Möglichkeiten bei der Simulation von Großeinsätzen.
Im virtuellen Raum wird man selbst Einsatzleiter*in und erlebt am eigenen Körper, welche Aufgaben und Herausforderungen in dieser Funktion auf einen zukommen. Einsätze mit mehreren Verletzten erfordern von den Einsatzkräften zusätzlich zu den sanitätstechnischen Maßnahmen auch vielfältige organisatorische Fähigkeiten.
Bisher wurden diese Szenarien immer aufwändig mit Schauspieler*innen und Kulissen dargestellt. Nun sind auch ein Erleben und Üben dieser Herausforderungen mittels Virtual Reality (VR) möglich.
Virtual Reality bei Rettungsübung | Copyright: FH St. Pölten / Nicole Bilek
Virtuelle Pinnadeln im Werk
Gemeinsam mit dem Kartonproduzent Mayr-Melnhof hat das Projektteam Einsatzmöglichkeiten für MR-Endgeräte (z. B. Smartphones oder Headsets) entwickelt, mit denen Mitarbeiter*innen die Instandhaltungsdokumentation und Hilfestellungen eingeblendet bekommen, ohne den Ort der Wartung verlassen zu müssen. Dadurch wird die Zeit für Instandhaltungsaufgaben verkürzt. Durch eine Verbindung zur Materialbeschaffung können Instandhalter*innen leicht über das Lager Material bestellen, das ihnen gebracht wird.
Mit „virtuellen Pinnadeln“ werden Informationen in Form von Texten, Bildern oder auch Skizzen an realen Objekten angebracht. So können in einer industriellen Produktionsanlage alle Mitarbeiter*innen Wartungsbedarf oder Auffälligkeiten an einer Maschine sehr einfach und berührungslos mit ihrem Smartphone markieren.
Hardware, Software, Innovation
Die beteiligten Firmen und Forschungseinrichtungen haben vor allem Software für verschiedene Anwendungen entwickelt und evaluiert. Am Markt verfügbare Hardware wie etwa verschiedene Datenbrillen oder MR-Headsets wurde getestet und genutzt.
„Es hat sich gezeigt, dass die Standard-Geräte in der Industrie meist noch das Smartphone und das Tablet sind. Datenbrillen und MR-Headsets stecken noch zu sehr in den Kinderschuhen und ihr Tragekomfort ist noch nicht hoch genug, um jemandem das Tragen 8 Stunden lang zuzumuten. Wir haben sie aber trotzdem im Projekt getestet“, sagt Moser, der derzeit ein Folgeprojekt mit einem ähnlichen Projektkonsortium plant.
Open Source
Die Rechte für die entwickelte Software bleibt bei den Firmen, falls die Software firmenspezifisch ist. Software, die auch für andere Unternehmen interessant sein kann, wird in circa einem halben Jahr als Open Source zur Verfügung gestellt. „Dadurch erhalten die Firmen, die im Projekt beteiligt waren, einen gewissen zeitlichen Vorsprung durch ihre Projektbeteiligung“, erklärt Moser.
Projekt „Mixed Reality Based Collaboration 4 Industry”
Das Projekt wird im Rahmen des Programms Collective Research von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefördert. Die Unternehmen bringen Geld für die Anwendungsfälle ein. PartnerInnen im Projekt sind ecoplus (Koordination), FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH, IMC FH Krems, FH Oberösterreich Campus Steyr und TU Wien.