Zeitfaktoren in der Migration
Internationale Tagung zu Migrationsforschung an der FH St. Pölten
Im Forschungsnetzwerk Interdisziplinäre Regionalstudien (first) kooperieren sechs geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Institute mit Sitz in Niederösterreich in interdisziplinären Forschungsprojekten zu gesellschaftlich relevanten Themen – unter anderem zu Migration.
Am 4. und 5. Mai richtete das Netzwerk an der Fachhochschule St. Pölten gemeinsam mit dem Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien und dem Slovenian Migration Institute ZRC SAZU die internationale Fachtagung „Migration, Time and Temporality“ aus.
Der Schwerpunkt der Tagung lag darauf, wie Aspekte der Zeit und Zeitlichkeit mit der Erfahrung und Regulierung von Migration zusammenhängen.
Vielfältige Migrationsgeschichten
Von der Zeitwahrnehmung der griechischen Gastarbeiter*innen in ihrer Migration in den Jahren 1960 bis 1989 über staatliche und individuelle Perspektiven auf die Arbeitsmigration nach Österreich in den 1960er- und 1970er-Jahren bis zu zeitlichen Aspekten der Rückkehrmigration und Entscheidungsprozessen bei im Ausland lebenden Kroat*innen: Die Fachtagung präsentierte Forschungsergebnisse zu einem breiten Spektrum an Migrationsgeschichten.
Internationale Forscher*innen stellten auch Studienergebnisse zu Briefen von Migrant*innenfamilien aus dem Griechenland der Nachkriegszeit vor, zur Regulierung von grenzüberschreitenden Bewegungen und Rechten und zur sozialen Hervorbringung von Zeiterfahrungen in gesellschaftliche Andockstellen für Geflüchtete.
Geschichten russisch sprechender Migrant*innen der zweiten Generation in der israelischen Peripherie wurden ebenso beleuchtet wie die Geschichte von Flüchtlingen in den Transitlagern von Triest in den 1950er Jahren sowie die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit und die Ausgrenzung von queeren Migrant*innen im Deutschland des 21. Jahrhunderts.
Migration als historische Konstante
Flucht und Migration zählen zu den aktuellen Entwicklungen, die viele Menschen beunruhigen und verunsichern. Historisch betrachtet sind alltägliche Mobilität und die räumliche Verlagerung des Lebensmittelpunktes über territoriale Grenzen hinweg aber eine Konstante menschlicher Geschichte. Ortswechsel – ob ein- oder mehrmalig – fanden und finden aus den unterschiedlichsten Gründen in allen geographischen Räumen und Bevölkerungsschichten wiederkehrend statt.
„Es freut mich, dass wir die internationale Fachtagung bei uns an der FH ausrichten konnten. Die Vielfalt der Vorträge zeigt unterschiedliche Geschichten und zeitliche Aspekte der Migration. Mit der Tagung ist es uns gelungen, wichtige Themen anzusprechen und aktuelle Forschungsergebnisse zu präsentieren“, sagt Anne Unterwurzacher, Senior Researcherin am Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung der FH St. Pölten, die die Tagung gemeinsam mit Kolleg*innen organisiert hat.
„Wir haben diskutiert, wie sich migrationsbezogene Zeiterfahrungen im Wechselspiel von sozialen und staatlichen Vorgaben mit den Handlungen und Erwartungen von Migrierenden aufbauen“, erklärt Oliver Kühschelm, Leiter des Zentrums für historische Migrationsforschung am Institut für Geschichte des ländlichen Raumes in St. Pölten, das die Tagung im Rahmen von „first“ mitveranstaltet.
Forschungsverbund Migration
Der Forschungsverbund „Migration“ des Forschungsnetzwerkes „first“ untersucht die persönlichen Geschichten und politischen Aspekte zum Thema und steht für einen interdisziplinären Ansatz in der Migrationsforschung, der die langfristigen Auswirkungen von Migration im Spannungsfeld von Inklusion und Exklusion erfasst. Die teilnehmenden Institutionen wollen damit die Wissensbasis für eine historisch informierte Analyse der gesellschaftlichen Herausforderungen in der Gegenwart erweitern.
Fachtagung “Migration, Time and Temporality”
04.05.2023 bis 05.05.2023, Campus St. Pölten
Mag. Dr. Anne Unterwurzacher
Senior Researcher Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung Department SozialesMag. Mark Hammer
Fachverantwortlicher PresseMarketing und Unternehmenskommunikation